Hannover 96

2. Bundesliga 98/99, 3. Spieltag


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Hannover 96 - 1. FC Köln 6:1 (1:1)

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96: Sievers - Reinhardt - Linke, Lala - Rasiejewski, Gärtner (88. Arslan), Kreuz, Brezina (60. Blank), Addo - Asamoah, Hecking (71. N'Diaye) / Trainer: Fanz

Tore: 1:0 Asamoah (3.), 1:1 Donkov (21.), 2:1 Addo (60.), 3:1 Asamoah (73.), 4:1 Lala (85.), 5:1, 6:1 N'Diaye (87., 89.) - Zuschauer: 27 000


Hacke, Tor - das war spitze!
Fanz-Team spielte Bundesliga-Absteiger vor 27 000 Fans an die Wand

Wahnsinn! 96 hat nach Karlsruhe und Bielefeld auch den dritten Erstliga-Absteiger geschlagen. Gestern abend gab’s vor 27 000 Zuschauern ein 6:1 gegen den 1. FC Köln. Hannover ist jetzt schon Tabellenvierter.

Kurz vor Spielbeginn wurde im Niedersachsen-Stadion das Grün gewässert - obwohl’s doch in den vergangenen Tagen reichlich Regen gegeben hatte. Das löste auch bei Tennisstar Nicolas Kiefer, dem Klubchef Martin Kind zwei Stunden vorm Anpfiff noch Karten besorgt hatte, Verwunderung aus: „Wieso sprengen die denn jetzt noch mal den Rasen?"

96-Stürmer Gerald Asamoah, vor dem Kölns Trainer Bernd Schuster seine Spieler gewarnt hatte, war’s recht. Er machte nach drei Minuten Gegenspieler Dennis Grassow naß, tunnelte ihn und traf rechts unten zum 1:0. „ Ich bete für mein erstes Tor", hatte er vor der Partie gesagt. Der Fußball-Gott erhörte ihn - ein himmlischer Auftakt. Mit den irdischen Nöten eines ungeübten Abwehrchefs mußte sich hingegen Bastian Reinhardt auseinandersetzen. 96-Trainer Reinhold Fanz hatte ihn auf diese Position beordert, weil Dieter Hecking für den angeschlagenen Kobylanski stürmte. Neu in der Abwehr war auch Altin Lala. Die Umstellungen sorgten zunächst für reichlich Verwirrung.

Kölns Stürmer Georgi Donkov hätte in Hälfte eins allein dreimal treffen können - er begnügte sich mit dem Ausgleich (21.). Karsten Hutwelker hatte Lala ausgetanzt und in die Mitte zu Donkov geflankt. Danach wurde es ruhiger im Stadion. Gleich nach der Pause war der Bulgare wieder allein, Donkov schoß aber aus sieben Metern knapp am Tor vorbei. Doch der Absteiger machte weiter Druck, wollte die Vorentscheidung. 96 verlegte sich auf Konter - mit Erfolg.

In der 60. Minute war Kölns Abwehr erneut nicht im Bilde - Manndecker Carsten Cullmann, Sohn des früheren Nationalspielers Bernd, patzte. Otto Addo schnappte sich 25 Meter vorm Tor den Ball, ließ Kölns Torhüter Andreas Menger aussteigen und traf zum 2:1. 13 Minuten später hatte Asamoah erneut eine göttliche Eingebung. Am Elfmeterpunkt hatte er mit dem Rücken zum Tor stehend von Markus Kreuz den Ball bekommen - und verwandelte ihn per Hacke. Das war spitze! Ein Zaubertor. Köln antwortete mit wütenden Angriffen - und rüden Attacken. Thomas Cichon mußte nach wiederholtem Foulspiel mit der Ampelkarte vom Platz. Danach spielte 96 den Absteiger an die Wand. Lala traf zum 4:1. Und dann kam der große Auftritt des zuvor eingewechselten Babacar N’Diaye. Der lange Angreifer schoß noch zwei Tore zum 5:1 und 6:1 - seine ersten Pflichtspieltreffer für 96. Der Rest war Jubel, die 96-Spieler faßten sich an die Hand und bedankten sich bei den Zuschauern, 6:1 gegen Köln - es war einfach Wahnsinn.

Die Reaktionen:

96-Trainer Reinhold Fanz: Das war einmalig für unsere Jungs. Ein Riesenkompliment. Die Kölner haben 60 Minuten ein starkes Spiel gemacht. Dann haben unsere schnellen Leute die Chancen eiskalt genutzt. Das gibt Selbstvertrauen für das Spitzenspiel gegen Ulm.

Kölns Trainer Bernd Schuster: Das 3:1 für Hannover war die endgültige Entscheidung. Danach war jeder Angriff ein Tor. Das 6:1 war dann für uns echt hart. Hannover hat stark gekämpft, da kann man nur gratulieren.

Dieter Hecking: Das war am Ende Fußball total, den man ganz selten sieht. Wir haben gespielt wie im Rausch. Ganz ehrlich, als Stürmer bin ich ganz schön kaputt.

Carsten Linke: Wir haben super gekämpft, super gespielt, es war wirklich alles super am Ende. Jetzt gehe ich davon aus, daß wir gegen Ulm ein noch volleres Haus haben. Wir werden kurz feiern und uns dann richtig vorbereiten.

Gerald Asamoah: Das war ein Riesending. Super, daß ich hier zwei Tor mache. Das zweite war doch auch noch ganz schön. Ich hoffe, daß das jetzt so weitergeht.

Claus-Dieter Wollitz: Ich bin stinksauer. Wir machen vorne einfach keine Tore. Dann geht das eben so dumm aus wie hier.

Die Einzelkritik:

Jörg Sievers: Sicher hinter einer unsicheren Abwehr. Mußte seine Kollegen ständig darauf hinweisen, wo sie Löcher zu stopfen hatten.

Bastian Reinhardt: Neuer Abwehrchef, obwohl er nur in zwei Tests gegen unterklassige Teams auf dieser Position gespielt hatte. Gut, wenn er seinen Kopf hinhalten konnte. Am Boden stokelte er aber oft über den Platz wie ein Stelzenläufer in der Buckelpiste.

Altin Lala: Das war noch nicht so toll. Ungewohnt als Manndecker im Einsatz, weil Mirko Baschetti grippekrank war. Lala schleppte anfangs den Unsicherheitsfaktor in die Abwehr. Machte aber ein Tor und alles wieder gut.

Carsten Linke: Einzig verbliebener aus der früheren Abwehrformation. Sah gegen Donkov nicht nur beim 1:1 durch den Bulgaren schlecht aus, weil er zu weit weg stand von seinem Gegenspieler. Machte aber in der zweiten Halbzeit viel für die Offensive.

Harald Gärtner: Überraschend im Team, sollte Wollitz stoppen. Da hat Fanz zwar nicht den Bock zum Gärtner gemacht, aber für einen weiteren Einsatz hat er sich wohl nicht empfohlen.

Jens Rasiejewski: Kämpfte gegen den rumänischen Nationalspieler Munteanu, gewann das Duell klar.

Otto Addo: Hat seine Verletzung noch immer nicht ganz auskuriert. Bei jedem Schuß zwickt’s im Oberschenkel. Riskierte trotzdem früh einen Versuch aus 20 Metern. Machte eiskalt das wichtige 2:1. Was will man mehr?

Markus Kreuz: Zuletzt rechts vorne, gestern links hinten. Was er machte, war meistens gut.

Damian Brezina: Hat seine Grundausbildung bei der Bundeswehr erst überstanden. Ein Grund für seine nicht überzeugende Leistung.

Gerald Asamoah: Zwei Zaubertore. Hatte aber Pech, weil der Schiedsrichter oft zu ungerecht gegen den 96-Star entschied.

Dieter Hecking: Vom Libero zum Stürmer umgeschult. Hat sich bemüht, steht nach so einer Leistung dann meist im Zeugnis.

Stefan Blank: Kam für Brezina. Unauffällig.

Babacar N’Diaye: Kam spät und erzielte tatsächlich seine beiden ersten Tore für 96. Das wird ihm Auftrieb geben.

Die Pressestimmen:

Bild (Köln): Böse Schnitzer! Manndecker außer Rand und Band. Der FC zum Schluß ein Torso, ein Hühnerhaufen, ein Absteiger. Kein Wort mehr - bitte schön - vom Wiederaufstieg.

Bild (Hannover): Wahnsinn! 96 versohlte Schuster. Hannover hat wieder eine Mannschaft zum Verlieben.

Express (Köln): Was für ein Debakel! Bittere FC-Pleite - hat Schuster die Schnauze voll?

Hannoversche Allgemeine Zeitung: Ein sensationelles Fußballfest. Die Roten spielten - zumindest in der letzten halben Stunde - mitreißend und herzerfrischend.

Deutsche Presse-Agentur: Erstliga-Absteiger 1. FC Köln wurden beim Aufsteiger Hannover förmlich demontiert.

Sport-Informationsdienst: Debakel für die "Geißböcke". Der Bundesliga-Absteiger ging bei Aufsteiger Hannover 96 mit 1:6 unter. Die Stars blieben im vierten Spiel hintereinander ohne Sieg und müssen nun sogar in der zweiten Bundesliga um ihr Überleben kämpfen.

(Quelle: Neue Presse, 11.09.98)


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